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"75 Prozent sind nur Geräusch."

Die Headline ist frei nach Julia Bernhard zitiert aus einem Interview mit ze.tt

Und gerade höre ich den Podcast "Alles gesagt" der ZEIT, ein Interview mit Yuval Harari - der sich ähnlich äußert. Er sagt (nach Phasen langer Schweigeretreats, die er von Zeit zu Zeit unternimmt):

Das meiste, was wir sagen, ist nur Geräusch

Fühlt sich erstmal komisch an, sich vorzustellen, dass das meiste, was da so aus mir raussprudelt, unwichtig oder gar belanglos sein soll. Aber hej, hinschauen könnte ich ja mal.


Die 4 Ebenen des Zuhörens

Bekanntes, Neues, Emphatisch, tiefes Zuhören: Verschiedene Theorien beschäftigen sich mit den Ebenen des Zuhörers, manchmal sind es drei, manchmal vier. Sie alle konzentrieren sich aber auf den Fakt, was beim Sender raus- und beim Empfänger ankommt. Hier mal eine Auflistung von Definitionen.

  1. Downloading: Ich höre zu und reproduziere vorhandenes Wissen. Ich höre also nur Dinge, die ich eh schon kenne

  2. Faktenbasiert: Ich höre Fakten oder Infos, die mir neu sind

  3. Empathisch: ein Dialog entsteht - ich nehme die Position des anderen auf und erkenne die Intension, mit der er etwas sagt. Ich nähere mich dem anderen an, sehe durch seine Augen, verstehe.

  4. Generativ (kompliziertes Wort, aus dem Englischen): Ich verlasse meine Position und bin so nah bei dem anderen und höre so zu, dass aus diesem Dialog vielleicht neue Ideen entstehen können, vielleicht wird's sogar kreativ oder wir finden neue Lösungen für ein Problem, eine Frage

Auf welcher Ebene bist Du meistens?

Ich hab das im Rahmen einer Fortbildung mal notiert und verfolgt. Erschreckend: im Schnitt komme ich im alltäglichen Sein nicht über Stufe 2/Faktenbasiert hinaus. Das meiste ist Reproduktion von bereits Bekanntem. Und ja, manchmal erwische ich mich dabei, wie es mich denkt, aber nicht, wie ich denke. Und es gibt immer zwei, die dabei beteiligt sind: der Sender (der ebenso automatisiert und phrasisch formulieren kann und nur Altbekanntes verfloskelt) und der Zuhörer, der ebenso auf Autopilot agiert und über Stufe 2 nicht herauskommt.


Wo bin ich denn, wenn ich jemandem zuhöre? Auf meiner eigenen Bühne, wartend auf meinen Auftritt? Oder Zuschauer des Anderen, folgend und verstehend?

Was sage ich denn so den ganzen Tag? Was ist automatisch, soziales Grunzen? Floskeln, Phrasen, wie oft sage ich immer dasselbe? Wie oft denkt es mich, wie oft mache ich mir keine Mühe, präsent zu sein, um ein wirkliches Gespräch zu führen. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Wie häufig treffen einfach nur zwei Monologe aufeinander? Ich fühle mich dann immer an Sprachnachrichten von WhatsApp erinnert - jeder quatscht drauflos, ohne dem Gegenüber Achtung zu schenken. Gespräch, Verständnis, Zuhören geht anders.


Welche Rahmenbedingungen haben wirkliche Gespräche? Was ist förderlich? Wann kommt es zur wirklichen Nähe? Und zum Schluss:die Frage, die sich mir nach all den anderen Fragen aufdrängt: Schaffe ich es, mit selbst zuzuhören?


Alle kommunizieren, aber hat auch jemand was gesagt? (Wolf Potter, brandeins 02/20)

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