Ich komme aus der Kommunikation und hatte mir in den Kopf gesetzt, mal etwas Neues zu machen. Einen Podcast. Machen ja jetzt Alle. Kann ja nicht so schwer sein. Während der Vorbereitungen und Auseinandersetzung mit der Technik allerdings fiel mir auf, wie sehr ich dann doch das geschriebene Wort liebe. In Gedanken formulierte ich immer und immer wieder an einem Text herum. Warum also der Podcast? Fazit: Ich höre auf mein Bauchgefühl und starte mit einer Interviewreihe. Wer weiss, vielleicht wird es mit dem Podcast dann später noch was.
Worum geht’s? Die Idee ist, mit Menschen zu sprechen, die schon ein Stück ihres Lebensweges hinter sich gebracht haben. Viele Themen, die 30-Jährige interessieren, haben 40-Jährige gedanklich längst hinter sich gelassen. Und 50-Jährige ebenso. Überproportional finden sich in Podcasts aber Themen für Jüngere, bei denen ich schnell wieder abschalte. Daher die Idee, eine Reihe für Menschen wie mich zu machen – schön, wenn man eigene Ideen gut findet.
Der Name für das hier: Und was machen wir jetzt damit?
Michael ist mein erster Interviewpartner, ein Freund aus Banktagen, gerade 50 geworden. Wir wollten über das Älterwerden sprechen. Herausgekommen ist ein Gespräch über Mut. Wir testen die Zoom Verbindung und fangen einfach mal an, ohne Redaktionsplan oder Absprache.
„Ich bin Michael, 50 Jahre alt und gehöre fast schon gar nicht mehr in Deine Zielgruppe. Aber es ist natürlich so: Die Frage „Kommt das noch was?“ ist ab 50 echt ein einschneidendes Thema in vielen Bereichen."
Woher kommt das? Das man denkt, jetzt wird die Zeit knapp?
"Naja, zum einen beruflich: Entweder hat man schon eine gewisse Karriere gemacht oder keine oder wollte keine. Oder man ist bis dahin auf Nummer sicher gegangen und hat einen Beruf wegen des guten Verdienstes gewählt oder weil die Eltern einem irgendwann mal gesagt haben, was man tun soll. Und dann stehst Du mit 50 an einer Art Scheideweg.
Variante 1: Du hast die Mega Karriere. Aber: das verlangsamt sich ab 50 merklich. Da kommen auf einmal Jüngere nach, die top ausgebildet sind und Konkurrenz machen.
Variante 2: Du hast keine Karriere im klassischen Sinne gemacht und stellst Dir die Frage: So weiter oder vielleicht doch was Anderes?"
Und? Gibt es da noch etwas Anderes?
Naja, manche wechseln alle paar Jahre den Arbeitgeber. Und dann gibt es welche wie mich, die ewig bei einem Arbeitgeber bleiben. Für mich hat sich nie die Frage gestellt, ob ich woanders hin soll. Und auch von meinen Eltern habe ich das so mitbekommen. Die waren ja noch eine ganz andere Generation.
Und wie fühlst Du Dich damit?
"Naja, das ist ja auch warm und angenehm. Und ich habe ja jetzt auch noch 17 Jahre Arbeit vor mir. Fast soviel, wie ich bisher gearbeitet habe. Und das alles bei einem Unternehmen…. Ja…Ich steh jetzt schon da und frage mich wirklich: Wars das jetzt? Beziehungsweise: Was jetzt noch?"
Abseits vom Beruflichen – Lass uns mal ein paar andere Scheidewege sammeln. Was gibt’s da für Dich noch?
"Eine Menge im Privaten. Ich hab festgestellt: Das fängt so mit 40 an. Sind Kinder da, dann sind die meistens so alt, dass sie keine Dauerbetreuung mehr brauchen. Da fragt man sich als Eltern schon mal, wie man ohne Kinder wohl funktioniert. Oder man ist geschieden. Und dann wie ich mit 50 in einer Singlesituation – ich finde das echt schwierig, jetzt einen Partner/in kennenzulernen."
Was ist daran schwierig? Oder vielleicht anders als mit 30?
"Kennst Du das noch von früher aus dem Studium? Da waren ständig Leute da und Du hast dauern jemanden kennengelernt. Aber mit 50 ist dein Singleleben ein komplett anderes als mit 30, Du lebst das anders. Das ist ein ganz anderes Ding. Jeder hat da ja schon ein paar Jahre Leben hinter sich gebracht. Und es ist fraglich, ob da ein neuer Partner nochmal gewünscht ist. Weiss ich, ob die Frau, die ich gut finde, überhaupt nochmal einen Typen will? Oder den ganzen Kram nicht doch auch alleine ganz gut gewuppt kriegt? Das kann echt Angst machen."
Wie siehts generell mit dem Älterwerden aus….Macht das auch Angst?
"Das interessante ist: Du wachst ja nicht morgens auf und bist alt. Das passiert ja so langsam. Da gibt es lange Plateauphasen, in denen alles noch gut ist und dann plötzlich stellst Du fest, das mal wieder irgendwas schwieriger geworden ist. Ich merke das beim Laufen: Wenn ich mal ein paar Tage aussetze, kann ich das kaum kompensieren. Das ist ein massiver Leistungsabfall. Und ganz ehrlich: Das wird ja alles nicht besser. Diese Gewissheit, dass man körperlich ab einem gewissen Punkt nicht mehr besser wird….darüber habe ich mir früher nie Gedanken gemacht. Irgendwann hängts und wird nicht mehr straff. Das einzig Aufmunternde ist, dass es uns allen so geht."
Denkst Du, dass der Gedanke etwas Tröstliches haben kann?
"Klar. Heidi Klum kann sich noch sowas von photoshoppen, alle können Filter bei Insta nutzen. Aber wenn man Menschen dann ohne Filter sieht merkt man: Aha, guck, auch der oder die hat Falten."
Ist doch befreiend, oder?
"Klar, aber auch hier ein Aber. Wir sind ja soziale Wesen und freuen uns auch über Komplimente. Wobei: es auch gut ist, dass sich die Art der Komplimente ändern kann. Attraktivität ist ja nicht nur faltenfrei. Attraktivität ist zum Beispiel auf Jugendlichkeit im Geiste. 30-jährige haben viel mehr Energie, das ist schon toll. Aber jemand der 50 ist, bei dem schwingt mehr mit. Lebenserfahrung kann so einen Glanz verleihen. Dinge erlebt zu haben, Erfahrung, das kann mega attraktiv sein."
Jetzt haben wir echt lange gesprochen. Deswegen zum Abschluss die Frage: Und was machen wir jetzt damit?
"Ich gehe davon aus, dass noch eine Menge kommt. Allerdings kann ich mich nicht hinsetzen und einfach drauf warten. Ich muss den Mut haben, Schritte zu tun, immer wieder neue Dinge anzufangen. Aber das ist ja nicht anders als mit 20 oder 30…."
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